Dienstag, 16. November 2010
...Schule ist wie Urlaub
...wenn man nicht mehr zur Schule muss ;-) ...Freddie hat es ja tatsächlich nach 4 Wochen und 2 Tagen geschafft, aus der Schule 'geworfen' zu werden. Na, so drastisch war es nun nicht, aber wir fanden es alle äusserst belastend, dass unser Sohn morgens kaum zu beruhigen war und nur sehr widerwillig alleine in der Klasse blieb, und das bei einer 1:1-Betreuung von Linda Oppermann (einer deutschsprachigen Referandin aus Münster). Es gab gute und es gab schlechte Tage, aber über die Wochen eben kaum 'Fortschritte'...
Zusammen mit der Klassenlehrerin Alison Taylor, der Direktorin Lyn Bird und Barbara Bowron, der Lehrerin, die für die 'Neuzugänge' zuständig ist, haben wir überlegt, wie wir die Situation für uns alle verbessern können: für Freddie, die anderen Kinder in der Klasse, die Lehrerin, und natürlich für uns selbst.
Wir kamen also zu dem Schluss, Freddie erstmal ein paar Tage oder Wochen Ruhe zu gönnen und sich zu sammeln. Und sollte er tatsächlich Lust auf Schule haben, darf er jederzeit gerne wiederkommen, als Gast oder Schüler, je nachdem. Das wird wohl aber erst im Februar der Fall sein, denn in den nächsten 3 Wochen lernen die Juniors 'schwimmen', sind also vormittags in der Schwimmhalle, und von 16. Dezember bis 31. Januar sind schon 'Weihnachts- bzw. Sommerferien'. Macht also alles keinen grossen Sinn, für 1-2 Wochen nochmal richtigen Stress zu produzieren.

Wir lassen es bis dahin also alles etwas lockerer angehen, üben mit Freddie täglich ein bisschen englisch mit den Büchern, die wir extra von der Schule dafür mitbekommen haben, und machen Lernspiele auf Internetseiten. Da habe ich auch ganz tolles Material gefunden, das ihr euch unbedingt mal anschauen solltet:
Das erste ist ein Lied über Tiere 'The Elephant Song', mit oder ohne Untertitel ( http://www.youtube.com/watch?v=8cBtid-v_JE&feature=related ), und von Eric Herman und seiner Band gibt noch ein paar weitere 'coole Songs for Kids ' ( http://www.youtube.com/user/EricHermanMusic?blend=2&ob=1 ),..toll zum Englisch-Lernen ist auch das Material auf den Seiten der Sesamstrasse ( http://www.sesamestreet.org/ ).

Was alle Kinder sicherlich interssiert: Wie sieht nun ein typischer Schultag aus, wenn man hier zur Schule ginge? ;-) Um 8.30 könnt ihr schon in die Schule kommen, obwohl noch gar kein Unterricht ist, und dürft euch auf dem Schulhof oder im Klassenzimmer mit den Spielsachen oder den Büchern selbst beschäftigen, bis die Lehrerin um 9.00 Uhr erscheint. Dann wird erstmal die Klasse begrüsst und der Tagesablauf erklärt, dabei sitzen die Kinder 'on the mat' (also auf dem Fussboden vor der Tafel). Danach dürfen die Kinder reihum erzählen, was sie denn am gestrigen Tag nach der Schule noch so alles erlebt haben, daraus wird dann in 1-2 Sätzen eine Geschichte nacherzählt und auf die Tafel geschrieben, z.B. "Today is tuesday. Alex got some sparkling new shoes. Alex like her shoes". Anhand dieser Geschichte wird dann der 'Unterricht' aufgebaut, z.B. wer kennt den Buchstaben 'l', wieviele 'l' findet ihr in dem Satz etc.
Um 9.45 ist dann 'jump jam'. Dort versammeln sich die Kinder aus den 'Junior'-Klassen auf dem Schulhof und tanzen zu Musik (ein bisschen Bewegung kann nicht schaden, wenn man schon ca. 1 Std. auf dem Boden gesessen hat). Für Freddie und eine paar andere Kinder hat nach 'jump jam' dann der ESOL-Unterricht bei Anne Brooke bzw. Rosemary Hong gegonnen. ESOL heisst etwa ('Deutsch für Ausländer' bzw. 'English for students other languages'). In der Ilam School gibt es dafür extra 4 Lehrerinnen, die von Mo-Do ca. 30-45 min. diesen Kindern in einem Spezialunterricht die Basics beibringen (Farben, Zahlen, Grammatik etc.).
Danach ist erstmal 'Frühstückspause' (morning tea) von 10.30-11.00 Uhr. Alle Kinder verlassen dazu das Klassenzimmer, gehen im Gänsemarsch' (in the line) zu ihrem Frühstücksplatz im Schatten. Ganz wichtig ist: kein Kind darf ohne den Hut das Klassenzimmer verlassen und es wird grossen Wert darauf gelegt, dass alle Kinder diese Regel auch verinnerlichen (wobei Freddie das nach ein paar Tagen so gut drauf hatte, das er auch zuhause seinen Schulhut im Garten trug).


freddie mit hut

Nach dem ersten Klingeln dürfen die Kinder dann ihre lunchbox ins Klassenzimer bringen und noch ein bisschen spielen, bis der Unterricht weitergeht. Danach wird dann bis zur Mittagspause das bisher Gelernte mit Arbeitsblättern vertieft, und die neuen Bücher für den Tag zusammen gelesen. Die darf dann jedes Kind in seinen 'bookfolder' mit nach hause nehmen und mit den Eltern nochmal üben, bevor es das Buch am nächsten Tag wieder abgeben muss, dafür dann aber ein neues erhält. Alle anderen Schulmaterialien, wie Hefte etc. bleiben im Klassenzimmer, du musst also morgens nur daran denken, deine lunchbox und deinen Hut mitzunehmen.

Von 12.30-13.30 ist Mittagspause (lunch). Selber Ablauf: die Kinder nehmen ihren Hut und ihre lunch box und gehen zu ihrem Essensplatz, zeigen dann dem 'duty teacher', wenn sie mit essen fertig sind und spielen danach auf dem Schulhof. Nachmittags wird dann nochmal ein bisschen wiederholt, gemalt und gelesen, bis um 15.00 Uhr die Kinder von den Eltern wieder abgeholt werden.


morning tea at ilam school

Der Freitag ist ein ganz besonderer Tag: da gibt es keinen eigentlichen Unterricht, es wird vielmehr experimentiert. Dabei treffen sich 3 Klassen in einem Klassenraum, zuerst gibt es für alle eine Einführung, wie wichtig es ist, auf seine Sachen aufzupassen oder wie man eine Schere einem anderen Kind richtig übergibt, damit es sich nicht verletzt, und dann geht es los. Freddie war total begeistert von dem Experiment mit Eiern (Ziel war, herauszufinden, welches Ei gekocht war und welches roh), als am Schluss die Kinder gebeten wurden, sich die Eier gegen die Stirn zu schlagen...diese Sauerei hätte ich gerne gesehen! ;-) Ein andermal ging es um Wasser, was man damit alles machen kann (was schwimmt und was nicht, wieviel Wasser passt in ein Gefäss, wie schwer ist Wasser etc.). Die Kinder können ganz selbständig mit den vorgegebenen Materialien experimentieren, bekommen evtl. ein bisschen Hilfestellung und zum Schluss (dafür war ja die Einleitung): wird alles wieder aufgeräumt! Dann gibt es noch eine Stunde 'Athletics': Frisbee werfen, Weitsprung, Wettrennen (mit allen Kindern und Lehrern der Juniors) und das war's dann schon.

Es gibt in der Ilam School - und ich denke, das ist auch an anderen Schulen so, nur einen einzigen Lehrer für eine Klasse. Und es wird zudem nicht in Fächer unterschieden: man lernt also Rechnen und Schreiben und Lesen alles 'durcheinander' den ganzen Tag lang.

Interessant fand ich, dass es - egal ob Unterricht war oder Pause - auf dem Schulgelände und in den Klassenräumen immer unglaublich ruhig war, und das bei insgesamt 517 Schülern (gar nicht zu vergleichen mit dem Lärmen zur Pause in einer deutschen Grundschule). Kann daran liegen, dass hier viel Wert auf Höflichkeit und Disziplin gelegt wird. Die Kinder werden zudem schon zu Anfang angehalten, bestimmte Dienste für die Gemeinschaft zu verrichten, was sie auch mit grossem Stolz tun: Morgens kommt vor der Fühstückpause ein 2er Team in die Klasse mit einer Liste, in der die Lehrerin einträgt, ob alle Kinder ihren Hut dabei haben. Ein weiteres 2er Team bedient in der Frühstückspause das Telefon im Sekretariat, und löst für den morning tea die Sekretärin ab. Und jeden Morgen vor Schulbeginn ist ein 2er Team mit einem Lehrer oder dem Hausmeister am Zebrastreifen vor der Schule und bedient die 'Schranke', dass die Kinder sicher die Strasse überqueren können. Freddie fand das so toll, dass wir morgens extra den kleinen Umweg über den Zebrastreifen zur Schule gehen mussten! ;-)

Sonst noch was? Ach ja, die Schulinform. Jede Schule hat hier ihre eigene, die der Ilam-Kinder ist - mit ihrer quietscheblauen Farbe - zugegebenermassen nicht die hübscheste, da gibt es nettere (z.B. die der Fendalton School http://www.fendalton.school.nz/ ). Zur Uniform gehört der Hut mit der breiten Krempe, ein Polo-Shirt, ein Sweater, falls es kalt sein sollte auch ein Fleece, eine kurze graue Stoffhose, die Mädchen haben blau-weiss karierte Schürzenkleider oder Hosenröcke (die älteren Mädchen auch grün-blau-weiss-kariert), und dann gibt es für alle noch eine lange Sweatshirt-Hose (ganz wichtig, wenn es mal richtig kalt sein sollte, wie z.B. im Herbst oder Winter).


im cafe an der uni

Schön an der Schule fand ich zudem, dass ich Freddie schon mittags nach dem Spielen abholen konnte und wir meistens auf dem Heinweg noch einen Zwischenstopp im Cafe an der Uni eingelegt haben. Aber das können wir ja auch so mal wieder machen ;-)